Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei prozessual überholter Haftbeschwerde
Für die Entscheidung über eine im Zeitpunkt des rechtskräftigen Verfahrensabschlusses noch nicht erledigte (weitere) Haftbeschwerde besteht ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse zwecks Feststellung der Rechtmäßigkeit der Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft.
KG, Beschl. v. 25.07.2016 – 4 Ws 13/16
Aus den Gründen:
Allerdings ist es mit der durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG sowie durch Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Effektivität des Rechtsschutzes grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange als gegeben anzusehen, wie eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung beseitigt werden kann. Darüber hinaus kann aber ein Feststellungsinteresse vor allem bei schwerwiegenden, tatsächlich aber nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen. Solche kommen vor allem bei Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz – wie in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 – vorbeugend dem Richter vorbehalten hat, so dass ein Feststellungsinteresse wegen des Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch bei der unter Beachtung der Unschuldsvermutung vollzogenen U-Haft zu bejahen ist. Auf diese Weise stehen Anordnungen einer Freiheitsentziehung (Art. 2 Abs. 2 S. 2, Art. 104 Abs. 2 und 3 GG) einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung offen, auch wenn die angeordnete Maßnahme inzwischen durchgeführt und beendet ist. Auch kommt es im Hinblick auf das insoweit bestehende Rehabilitierungsinteresse nach neuerer verfassungsgerichtlicher Rspr. weder auf den konkreten Ablauf des einzelnen Verfahrens und den Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch darauf an, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann (vgl. BVerfG StraFo 2006, 20 [BVerfG 31.10.2005 – 2 BvR 2233/04] m.w.N. [auch zu anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen]). Denn die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG fordert zwar keinen Instanzenzug, gewährleistet aber die Effektivität des Rechtsschutzes i.S. eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, soweit die jeweils einschlägige Prozessordnung in ihrer konkreten Ausformung eine weitere Instanz eröffnet. Das Rechtsmittelgericht darf ein solches Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Bf. »leer laufen« lassen (BVerfG a.a.O.).